Brief des Game Directors April 2010

Die wichtigste Neuigkeit für diesen Monat wurde ja bereits verkündet, nämlich die Bestätigung des 11. Mai als Erscheinungstermin der Erweiterung "Rise of the Godslayer". Damit ist der Höhepunkt von sehr viel Arbeit seitens des Teams erreicht, und mit dem Beginn der Schlussphase der Entwicklung möchte ich sagen, wie stolz ich darauf bin, dass das Team so viel Mühe investiert hat.

Dennoch möchte ich in diesem Brief einen etwas persönlicheren Einblick in einen der kleineren, aber meiner Ansicht nach umso interessanteren, Aspekte der Erweiterung geben, über den wir noch gar nicht gesprochen haben. Außerdem ist das ein wunderbares Beispiel dafür, dass es auch gut sein kann, wenn sich der Game Director irrt! Was genau ich damit meine? Das will ich Euch erklären ...

Ein Bestandteil davon, ein Projekt wie dieses als Game Director zu betreuen, besteht darin, dass man oft "Nein" sagen muss, sehr oft sogar. Die Entwickler, genau wie Ihr Spieler da draußen, haben ständig interessante und kreative Ideen und wollen das Spiel verbessern. Das führt dazu, dass viele Ideen diskutiert und in Erwägung gezogen werden, viel mehr als es letztlich ins Spiel schaffen. Die zentrale Funktion meiner Position ist im Grunde, dem Team bei der Entscheidung zu helfen, welche Ideen am besten unsere anvisierten Ziele für das Projekt unterstützen, und welche davon angesichts des Budgets umsetzbar sind. Darum ist die Antwort öfter "Nein" als "Ja", und es werden mehr Ideen verworfen als weiterverfolgt. Das ist vermutlich der schwierigste Teil meines Jobs. Es gehört nun mal dazu, dass man sich wie der große böse Troll fühlt, der den anderen den Spaß verdirbt.

Aber es gehört noch etwas sehr Wichtiges dazu, ein Team zu leiten: Man muss einräumen können, dass die Designer am Ende hin und wieder recht haben. Man muss ein Feature manchmal wie ein Spieler betrachten, statt immer nur Zeitpläne und Budgets im Kopf zu haben.

Es gibt in Rise of the Godslayer ein witziges Feature, das es nicht ins Spiel geschafft hätte, wenn ich bei meiner ursprünglichen Einschätzung geblieben wäre, und jetzt bin ich froh, dass die Designer mich überzeugen konnten!


Zufallsbegegnungen auf der Straße nach Khitai

Die Idee war ganz einfach – man fügt mehrere Begegnungen hinzu, die die Spieler zufallsgesteuert während ihrer Reise von Khemi nach Khitai haben können. Die Designer wollten damit herausarbeiten, dass es sich um eine gefährliche und zeitaufwändige Reise handelt. Sie wollten eine zusätzliche Variante für die Spieler hinzufügen: Charaktere können ihre Dienste als Beschützer der Karawane anbieten und dadurch ihre Reise nach Khitai bezahlen – statt mit Münzen. Wenn die Karawane dann unterwegs in Schwierigkeiten gerät, kommen die Spieler zum Einsatz.

Bei der ersten Besprechung des Konzepts war ich skeptisch – könnte man die nötigen Ressourcen nicht sinnvoller für instanzierte Begegnungen in Khitai selbst verwenden? Während der Entwicklung stand das Feature lange Zeit auf der Liste potenzieller Streichposten. Aber der Lead Designer kämpfte dafür, es einzubauen, und arbeitete mit mehreren Mitgliedern des Teams an der Umsetzung.

Ich machte mir immer noch Sorgen, dass das Ganze letztlich nur eine Ablenkung sein könnte, die die Spieler nerven würde. Das Feature stand kurz davor, endgültig gestrichen zu werden. Erst als ich es voll funktionsfähig im Spiel gesehen und die Begegnungen selbst durchgespielt hatte, erkannte ich, dass die Vision der Designer für dieses Feature wirklich gut war.


Und wie funktioniert es nun?

Wie schon erwähnt, kann der Spieler seine Dienste als Beschützer der Karawane anbieten und dadurch statt mit Münzen seine Reise nach Khitai bezahlen. (Ihr könnt natürlich auch einfach beim Karawanenmeister die Reise bezahlen und direkt nach Khitai reisen, ohne Euch den Weg freikämpfen zu müssen; das Feature ist völlig optional). Danach werdet Ihr unterwegs mit einem von neun möglichen Szenarien konfrontiert. Die Reise nach Khitai führt Euch an einigen gefährlichen Gebieten vorbei, die Conan-Fans schon aus den Originalstorys kennen, wie etwa das Vilayet-Meer. Die Begegnungen dabei finden als Soloinstanzen statt, bei denen der Spieler eine bestimmte Aufgabe erfüllen muss, damit die Karawane (oder das Boot) die Reise fortsetzen kann.

Dazu gehört die Verteidigung Eures Bootes gegen einen Kraken, die Beschaffung von Vorräten aus einer Piratenbucht, die Verteidigung der Karawane gegen Räuber oder die Untersuchung einer geheimnisvollen Oase, in der Untote ihr Unwesen treiben. Die mit den Begegnungen verbundenen Ziele sind sehr facettenreich, und Ihr wisst vorher nie, mit welchen Ihr es zu tun bekommt.

Die Reise nach Khitai wird dadurch lebendiger und interessanter. Ich finde es wichtig, dass das Team beim Implementieren eines Features ein klares Ziel verfolgt, und das haben sie in diesem Fall erkannt und sehr gut umgesetzt, auch wenn sie vorher einen skeptischen Game Director überzeugen mussten.

Sobald ich das Feature im Kontext spielte, wusste ich, dass sie recht hatten. Als Spieler wurde mir klar, dass es einfach zur Erweiterung dazugehörte, wie alles andere auch. Für den Producer in mir mag es zunächst nicht so geklungen haben, als wäre es eine gute Idee, dafür Ressourcen zu verwenden, aber für den Spieler in mir ... für den Spieler funktioniert es einfach.

Natürlich hätten aus den neun Begegnungen auch neun einzelne Soloinstanzen oder Quests über die ganze Erweiterung verteilt werden können. Das hätte wahrscheinlich dazu geführt, dass die meisten sie nur einmal gespielt hätten (oder vielleicht noch einmal mit einem Twink), wohingegen es sich nun um ein hübsches, kleines, wiederholbares Soloabenteuer handelt, das abwechslungsreich ist und Spaß macht. Es war der richtige Ort für diese Begegnungen.

Und es ist wirklich kein wichtiger Teil der Erweiterung. Es handelt sich um einen relativ kleinen Zusatz, den Spieler vermutlich nur hin und wieder spielen, aber er gehört einfach zu der Reise, die in der Erweiterung nun einmal stattfindet. Er bildet einen Teil Eurer Reisen nach Khitai, der es wert war, ihn in die Gesamterfahrung zu integrieren und er ist ein gutes Beispiel dafür, dass die richtige Entscheidung als Leiter einer Gruppe, egal um welches Projekt es dabei geht, manchmal darin besteht, seinen Mitarbeitern zu vertrauen. Die richtige Entscheidung besteht darin, die Dinge als Spieler zu sehen, nicht immer nur als Producer. Wie gesagt, es mag nicht der wichtigste oder gehaltvollste Aspekt der Erweiterung sein, aber als Beispiel ist es wunderbar. Denn oft sind es doch die kleinen Dinge, die 'Atmosphäre' bringen und damit die Gesamterfahrung interessanter machen. Es ist sehr leicht, sich auf größere und wichtigere Features zu konzentrieren, und darum muss man dankbar dafür sein, wenn die Designer auch auf die richtige Stimmung achten und eine Spielerfahrung schaffen, die in sich schlüssig ist und überzeugt.


... die Schlussphase

Wir arbeiten jetzt an den letzten Schritten der Fertigstellung für die Erweiterung ... und wir freuen uns schon sehr darauf, wenn endlich alle mit uns die Länder von Khitai erkunden können. Sehr viel Inspiration, harte Arbeit und Anstrengung waren nötig, diese Länder zum Leben zu erwecken, damit Ihr alle sie erkunden könnt.

Wir sehen uns in Khitai!


Craig 'Silirrion' Morrison
Game Director Age of Conan


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